Statt Tunnel

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Sofortmaßnahmen

verändert aus: Verkehrsclub Deutschland (VCD) – s.u.

Die „Realpolitik“ Stadttunnel – lokal weniger Lärm und Abgase – ist aktuell mehrheitsfähig, aber ist sie auch zukunftsfähig?

Wenn zukünftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen werden soll, müssen die Herausforderungen einer klimafreundlicheren Lebenswelt ernst genommen und Mobilität neu gedacht und gelebt werden. Enkeltauglicher leben bedeutet, regionaler, lokaler und gemeinschaftlicher zu werden: Autos kann man teilen, Nahrung zu Fuß im Quartiersladen nebenan statt im Discounter mit dem Auto einkaufen.

Weniger eigene Autos sind mehr… so könnte (oder besser muss) das Motto einer neuen Strategie für die Mobilität von Morgen lauten. Denn weniger eigene Autos bedeuten mehr Freiraum für Bewegung auf dem Fahrrad und zu Fuß und mehr Lebensqualität für alle. Bessere Informationen über Mitfahrangebote, Umstieg auf andere Verkehrsmittel oder die Nutzung von Carsharing-Angeboten erzeugen höhere Auslastungsquoten. Sie bedeuten Einsparungen bei der Produktion, dem Transport, beim Parkraum und mehr Platz für alle. Die Verkehrsstärke (KfZ/Tag) auf einer Straße nimmt ab.

Bereits eine Verdopplung des Besetzungsgrades von derzeit 1,5 auf z.B. 3 Personen pro Fahrzeug bedeuten entsprechend weniger PkW/Tag und Straße und damit weniger Kosten, Abgase und Lärm aber mehr Lebensqualität. Neue Technologien, die das Auffinden der verschiedenen Möglichkeiten von A nach B zu kommen (Intermodalität) unterstützen, werden auch Änderungen des eigenen Verhaltens erleichtern.

Ein Blick in die Zukunft

Im Jahr 2040 überwiegen im Straßenraum Fußgänger- und RadfahrerInnen und ein öffentlicher leiser Verkehr. Es gibt mehr Raum für Bäume, Sitzgelegenheiten u.a., da es in den Straßen der meisten Städte kaum mehr Dauerstellplätze für Personenkraftwagen gibt. Der motorisierte Individualverkehr spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Transportdienste werden überwiegend von elektrisch unterstützten Lastenfahrrädern erledigt. Sie bringen Güter aller Art von zentralen Ladehöfen, die über das modernisierte Schienennetz von Bahn und Straßenbahn über halbautonome flexibel einsetzbare Schienenfahrzeuge beliefert werden. Die Zahl privater Autos geht stark zurück. Wer ein Teilfahrzeug braucht, der läuft zur nächsten Quartiersgarage. Vor dieser steht schon das richtige Fahrzeug aufgetankt und abfahrbereit. Es hat den Weg aus der Quartiersgarage autonom gefunden und wird elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben. Über die effizienteste Route fügt sich das Fahrzeug auf den stark zurück gebauten Fernstraßen in den Verkehrsfluss so ein, dass möglichst wenig Energie benötigt wird. Es nutzt den Windschatten anderer Fahrzeuge und Staus gehören durch weniger Unfälle und koordiniertes Anfahren und Bremsen der Vergangenheit an. Am Zielort angekommen kann man entscheiden, ob man mit dem gleichen Fahrzeug auch zurück möchte oder das Fahrzeug frei gibt und die Rückreise zum Beispiel mit der Bahn antritt. Auch der ländliche Raum ist über flexible Fahrzeuge und mit vielen Halten auf Abruf deutlich besser als heute mit öffentlichem Verkehr versorgt. Viele Wege spart eine Neuorganisation der Arbeitswelt ganz ein. Pendlerströme werden kleiner, unter anderem, weil flexible Arbeitszeiten, der Teilarbeitsplatz von zuhause und Videokonferenzen für viele zum Alltag geworden sind. Inzwischen kommt man je nach Region nur noch auf 50-150 KfZ pro 1000 Einwohner. Da die Menschen aufgrund der kurzen Wege deutlich mehr zu Fuß gehen, nehmen Zivilisationskrankheiten wie Herzkreislauferkrankungen, Fettleibigkeit oder Asthma deutlich ab.

Zugegeben, der Weg dort hin wird nicht einfach, aber für unsere Kinder und Enkel ist er vermutlich, wie es die Bundeskanzlerin formulieren würde, alternativlos? Die Kunst wird darin bestehen, den Weg in eine lebenswertere Mobilität konsequent mit Leben zu füllen und Schritt für Schritt umzusetzen.

Konzepte und Ideen, um alte Strategien wie einen Autobahntunnel überflüssig zu machen, sind schon heute reichlich vorhanden, wie z.B.:

Die Schritte im Einzelnen:

Autoteilen und Mitfahren – Nutzen statt Besitzen

Zu den klassischen Formen des privaten Autoteilens gehört z.B. die Mitnahme von ArbeitskollegInnen zur Arbeitsstelle. Zu den Klassikern des gewerblichen Autoteilens gehört das ständig wachsende Carsharing Angebot. Inzwischen haben sich viele weitere private oder auch kommerzielle Angebote der Mitnahme in privaten PKWs etabliert. Die Übergänge von der entgeltlosen Mitnahme, Mitfahrangeboten wie blabla über das Car to go bis zu dem Taxi ähnlichen oder identischen kommerziellen Dienstleistung sind fließend geworden. Viele rechtliche und technische Fragen stehen noch am Anfang. Grundlage von vielen Angeboten des Adhoc-Mitfahrens sind jedoch die „Apps“ auf internetfähigen Endgeräten. Erst sie ermöglichen die vergleichsweise unkomplizierte Verbindung von Fahrern und Mitfahrern mit dem gleichen Ziel. Die Zukunft wird darin liegen, alle Möglichkeiten von A nach B zu kommen über eine „App“ einfach verfügbar zu machen.

In welchem Ausmaß das Autoteilen zu einer Reduktion des motorisierten Individualverkehrs und damit zu niedrigeren Verkehrsstärken (Kfz/Tag) führen, bleibt abzuwarten. Die Chancen bei den unter 40-jährigen stehen gut, sich mit diesen neuen Möglichkeiten der Mobilität vertraut zu machen, da bei Ihnen die Zahl der KfZ pro 1000 Einwohner bereits heute sinkt. Ziel muss aber auch sein, die älteren Generationen mit den neuen Möglichkeiten zu konfrontieren.

Mehr Bewegung per Fahrrad und zu Fuß

Was man tun muss, um das Radfahren attraktiv zu machen, zeigt die Stadt Kopenhagen seit Jahren. Im Zentrum steht ein gut ausgebautes Radwegenetz innerhalb einer Region. Infos zu den Maßnahmen in Kopenhagen finden sich z.B. hier. Auch Freiburg hat ein Radverkehrskonzept 2020. Dort finden sich eine Vielzahl von Maßnahmen, die zum allergrößten Teil aber noch auf ihre Umsetzung warten.

Seit mehr als 30 Jahren setzt sich der Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. für die Belange der Fußgänger ein. Der Fuss e.V. arbeitet derzeit an einem Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien (FVS).

Elektromobilität

Wir haben in vielen Bereichen längst Elektromobilität. Der Schienengebundene Verkehr ist bereits überwiegend elektromobil. Wenn aber von der Zukunft der Elektromobilität die Rede ist, geht es in den meisten Diskussionen um den motorisierten Individualverkehr (MIV) oder kurz um die Einführung des Elektroautos.

Die Vorteile des Elektroautos sind schnell aufgezählt: Leiser bis 30 km/h (bei höheren Geschwindigkeiten überwiegen Abwind- und Rollgeräusche), lokal emissionsfrei, höhere Effizienz des Elektromotors gegenüber Verbrennungsmotor. Keine oder wenig Veränderung dagegen bringt das Elektroauto beim Flächenverbrauch.

Die Nachteile werden selten genau beleuchtet: Entweder kurze Reichweiten oder enormes Gewicht mit ultralangen Ladezeiten. Eine neue Ladeinfrastruktur mit ungeheuren Anschlussleistungen (120 kW beim Teslar) muss europaweit erst noch aufgebaut werden. Was passiert z.B., wenn das Elektroauto auf der Autobahn im Stau über viele km nur im Stopp & Go voran kommt, die Klimaanlage und das Radio laufen und der Akku schließlich leer ist?

Und dann nicht zu vergessen, der hohe kumulierte Energieaufwand. Als kumulierter Energieaufwand (KEA) bezeichnet man „die Gesamtheit des primärenergetisch bewerteten Aufwands an, der im Zusammenhang mit der Herstellung, Nutzung und Beseitigung eines ökonomischen Guts (Produkt oder Dienstleistung) entsteht bzw. diesem ursächlich zugewiesen werden kann.“

Die KEA-Bilanz eines Elektroautos hängt von vielen Faktoren ab: Gewicht, Reichweite, Konstruktion (Graue Energie), Nebenaggregate wie z.B. Klimaanlage etc.. In eine solche Bilanz gehen das Schürfen der seltenen Erden in China, Afrika oder anderswo über die Batterieproduktion, die Produktion des Fahrzeugs und die Fahrzeugemissionen, die während der Fahrt entstehen, sowie das Recycling ein.

Das aktuelle Ergebnis ist, dass die meisten derzeit in Deutschland in Serie hergestellten Elektroautos ein kaum bessere Gesamtbilanz als herkömmliche Autos haben. Allein der kumulierte Energieaufwand der Produktion eines PKWs entspricht einer Fahrleistung von bis zu 70.000 km bei 6 Liter /100 km (vgl. VDI 2020, BMU 2019, UPI 2019, ISI 2019).

Und der Abrieb von Autoreifen und Straßen sind auch mit weitem Abstand die Hauptquelle für Mikroplastik in der Umwelt (Fraunhofer Umsicht 2018).

Und auch bezüglich der regenerativen Herkunft des Stroms gibt es ganz unabhängig von der Elektromobilität noch viel zu tun. Beispiel Baden-Württemberg: Wenn, wie beschlossen 2022 das letzte Atomkraftwerke in Deutschland von Metz geht, so wird aller Voraussicht nach der hohe Atomstromanteil in Baden-Württemberg weitgehend durch Kohlestrom ersetzt. Erneuerbare Anteile bei der Stromerzeugung von z.B. mehr als 50 Prozent im Autoland Baden-Württemberg sind derzeit nicht absehbar. Nicht nur deshalb wird sich an der Gesamtbilanz von Elektroautos als gleichwertiger Ersatz zum herkömmlichen Dieselfahrzeug auch auf längere Sicht wenig ändern lassen.

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Es gibt natürlich Ausnahmen, die aber eher an größere Lastenfahrräder erinnern, als an Autos mit dem z.B. heute eine vierköpfige Familie aus Norddeutschland in den Winterurlaub nach Bayern fährt. Als Stellvertreter für viele innovative Ideen sei an dieser Stelle auf das Beispiel Sunnyclist aufmerksam gemacht, ein Elektro-Pedal-Solar-Fahrzeug, das mit einem 6 kW Elektromotor auskommt.

Eine ernstzunehmende Alternative sind Elektrofahrzeuge allerdings heute schon im lokalen Umfeld. So macht es z.B. das Logistik und Transportunternehmen Velocarrier vor. Alles eine Frage der Organisation: Pakete, Päckchen, Möbel, Haushaltsgeräte, Autoersatzteile, Musikinstrumente, Teppich, Sportausrüstung, Fitnessgeräte, Reisegepäck, IT-Versand, Fernseher, Einkäufe, Dokumente, Expressfrachten etc. mit einem Gewicht bis zu 250 Kilo werden inzwischen mit E-Lastenbikes transportiert. So z.B. in Tübingen, Giessen, Esslingen und Würzburg. Eine Einführung in Freiburg steht in Aussicht.

Einkaufen mit dem Lastenfahrrad oder herkömmlichen Fahrradanhänger statt dem Auto: Mindestens 50 Prozent an Autofahrten, um Lebensmittel zu transportieren, könnten eingespart werden, so eine Studie der European Cyclists Federation.

Fazit: Alternative Antriebe werden kommen, aber mit Ihnen allein ist eine zukunftsfähige Mobilität nicht zu machen.

Fahrerlose (autonome) Fahrzeuge

Wenn von autonomen (fahrerlosen) Fahrzeugen die Rede ist, geht es in den Medien meist um das Auto oder den LKW. Halbautonomes Fahren mit LKWs wurde bereits auch auf deutschen Autobahnen demonstriert. Einige große Konzerne haben bereits in den USA die Genehmigung erhalten, solche fahrerlose Fahrzeuge im Straßenalltag zu testen.

Und ein Test des vollkommen fahrerlosen Fahrzeugs „wepods“ für den öffentlichen Nahverkehr läuft derzeit an der Universität Wageningen in den Niederlanden.

Dass es bereits seit vielen Jahren fahrerlose Fahrzeuge auf der Schiene gibt, z.B. in U-Bahnen, ist vielen dagegen noch unbekannt. Längst wirbt die Autoindustrie mit autonomem Fahren im motorisierten Individualverkehr. Bei der deutschen Bahn und beim Eisenbahnbundesamt scheint man auch diese Entwicklung zu verschlafen, obwohl sie auf der Schiene deutlich weniger anspruchsvoll wäre.

Bezeichnenderweise steht im knapp 280 Seiten starken Integrierten Bericht 2019 der Bahn: „Gleichzeitig wird das autonome Fahren dazu führen, dass immer weniger Menschen einen eigenen Pkw besitzen müssen. Damit steigen Flexibilität und Attrak­tivität des öffentlichen Verkehrs.“ (S.178). Im Zusammenhang mit der Schiene kommt das autonome Fahren im Bericht der Bahn dagegen nicht vor.

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Auf den bestehenden Schienentrassen, auf denen heute konventionelle Fern- Güter- Nah- S, U- oder Straßenbahnen fahren, könnten in Zukunft zumindest teilweise fahrerlose, flexible Transportmodule für Personen wie Güter fahren. Bis vor ein paar Jahren wurde an der Uni Paderborn die Idee von der Entwicklung Schienenverkehrssystem mit autonomen Einzelfahrzeugen dem Rail Cab gearbeitet.

Trotzdem: Warum sollten nicht z.B. auch auf der Höllentalbahn hinter jedem Personenzug, der bald im 20-Minuten Takt fährt, schon bald selbstfahrende Gütertransportmodule denkbar sein? Warum werden diese Konzepte derzeit nicht weiter vorangetrieben? Entwicklungsgeld für Teststrecken wäre hier gut angelegtes Geld. Eine weitergehende Einführung zu autonomen Fahrzeuge auf der Schiene findet sich hier.

Fazit: Autonome Fahrzeuge werden kommen und können an der richtigen Stelle eingesetzt, ein wichtiger Beitrag für eine enkeltaugliche Mobilität sein. Für einen autonomen Gütertransport auf der Schiene fehlt bisher allein der Wille.

Von der Straße auf die Schiene?

Auch im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht die Absicht „mehr Verkehr auf die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße“ zu verlagern.

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Viele größere Kommunen haben durch den Ausbau von S-, U- und Straßenbahnen zumindest den Personenverkehr hin auf die Schiene verschieben können. Und vereinzelte Beispiele zeigen, dass inzwischen auch Güter auf der Schiene einer Straßenbahn transportiert werden, wie dies bei der CarGoTram in Dresden der Fall ist.

Insgesamt ist die Situation jedoch ernüchternd. Beim Personenverkehr ist der Anstieg des motorisierten Individualverkehrs von 713,5 (81,6 Prozent) im Jahr 1991 auf 917,7 Milliarden Personenkilometer im Jahr 2013 (80,4 Prozent) ungebrochen (Umweltbundesamt).

Der Güterverkehr auf der Straße ist in Deutschland zwischen 1991 und 2013 von 245,7 (61,4 Prozent) auf 452,7 (70,2 Prozent) Milliarden Tonnenkilometer angestiegen, während der Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene zwischen 1991 und 2013 von 82,2 (20,5 Prozent) auf 112,6 (17,5 Prozent) Milliarden Tonnenkilometer trotz absoluter Steigerung abgenommen hat. Der Trend bleibt vermutlich leider auch 2014 und 2015 ungebrochen (Umweltbundesamt).

Einen großen Anteil hat der Deutsche Bahn Konzern davon zu verantworten. In den vergangenen Jahren hat dieser viel Geld im Ausland und in schienenfremden Verkehr investiert. Das Kerngeschäft Schiene wurde vernachlässigt. Industrie- und Nebengleise wurden in Deutschland dagegen systematisch abgebaut. Einseitige Investitionen in einige wenige Hochgeschwindigkeitstrassen im Fernverkehr, die dem Flugzeug Konkurrenz machen sollten, haben zahlreiche Städte von der Bahn abgehängt. Inzwischen gelobt man im Integrierten Bericht 2015 der Bahn Besserung.

Leider ist Deutschland in Europa da keine Ausnahme. Einige sprechen sogar davon, dass Hochgeschwindigkeitszüge das europäische Bahnnetz zerstören.

So kann man nachweisen, dass die Einführung von Hochgeschwindigkeitsverbindungen von der Streichung etwas langsamerer, aber günstigerer Alternativverbindungen begleitet wird und die Fahrzeiten durch fehlende Anschlüsse ins Umland sich insgesamt verlängert haben. Hier gilt es dringend eine Trendwende einzuleiten. Notwendig wäre z.B. die Weiterentwicklung der Taktfahrpläne in Deutschland. Wie das geht, da hilft ein Blick zum Taktfahrplan der Schweiz.

Stadtumbau der kurzen Wege und der Quartiersgaragen

„Wir brauchen eine Stadt, in der wir das Auto nicht mehr brauchen“, spitzt es UBA-Präsidentin Maria Krautzberger in einem Interview bei Spiegel online vom 17.12.2015 zu.

Einer der größten Herausforderung wird sein, Freiburg so umzubauen, dass die Wege zwischen Arbeiten, Lernen, Wohnen und Freizeit kürzer werden. Erst eine darauf ausgerichtete Verkehrsinfrastruktur wird das Mobilitätsverhalten positiv beeinflussen. Hierzu gehört die frühzeitige Versorgung von Stadtentwicklungsgebieten mit Angeboten im Umweltverbund (Rad, zu Fuß, ÖV) genauso dazu wie der Rückbau von Autostellplätzen im Bestand, die bereits optimal mit Fahrrad- und ÖPNV-Infrastruktur ausgestattet sind.

Auf frei werdenden Flächen können Ladehöfe/-stationen eingerichtet werden, die der umweltfreundlicheren Organisation von größeren Transporten, beispielsweise im Lebensmittelhandel dienen.

In der Kombination von (E-)Lastenfahrrädern und ausreichend große Stationen (Boxen) in fußläufiger Entfernung der EmpfängerIn oder AbsenderIn können Lieferungen abgegeben oder abgeholt und viele kleine motorisierte Zustellungsfahrten von Paket- oder Lieferdiensten vermieden werden. Insgesamt muss zukünftige Stadtplanung auch einen umweltfreundlicheren Gütertransport innerhalb und außerhalb der Stadt im Blick und zum Ziel haben.

Nur ein Ausbau des Radwegenetzes oder des ÖPNV genügt den Anforderungen einer enkeltauglichen Stadtentwicklung nicht mehr.

Ein Beispiel für eine gute Sammlung von notwendigen Maßnahmen bietet das Fachkonzept Mobilität der Stadt Wien.

Schon bei der Wahl des Wohnstandortes spielen Art und Umfang der Mobilitätsangebote vor Ort eine entscheidende Rolle. Zu Hause beginnen oder enden die meisten Alltagswege. Zu Hause werden jeden Tag aufs Neue Entscheidungen über die Wahl des geeigneten Verkehrsmittels getroffen. Gute Gründe, dem Thema „Wohnen + Mobilität“ und damit dem Ruhenden Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Autostellplätze gehören nicht länger an den Besitz einer Wohnung gebunden, sondern an die Nutzung eines Autos. PKW-Stellplätze und damit das eigene Auto, werden bisher von denjenigen mitfinanziert, die entweder kein eigenes Auto haben wollen oder sich ein solches nicht leisten können. Der Stellplatz vor oder unter der eigenen Wohnung macht Menschen zu Autofahrern. Ca. 30 – 50% der Haushalte in städtischen Wohngebieten besitzen kein eigenes Auto, müssen jedoch entweder über Wohnungsmieten oder beim Kauf einer Wohnung die grundstückseigene Infrastruktur zum Parken von Autos (Tiefgarage oder offene Stellplätze) mitfinanzieren! So gestehen wir Autos in Tiefgaragen oft mehr Raum zu als Kinderzimmern. Mit der Bewirtschaftung von öffentlichen wie privaten Stellplätzen in Quartiersgaragen lässt sich das ändern. Jeder, der ein Auto nutzt, sollte zukünftig auch die entsprechenden Stellplatzkosten (Miete) tragen.

Umstieg auf den öffentlichen Verkehr (ÖV)

„Eine [wirtschaftlich] hochentwickelte Stadt ist keine, in der die Armen Auto fahren, sondern eine, in der die Reichen öffentliche Verkehrsmittel benutzen.“
Enrique Peñalosa, ehemaliger Bürgermeister von Bogotá

Fast jeder würde zustimmen, dass der öffentliche Verkehr noch stärker als bisher ausgebaut und gefördert werden sollte. Die Bemühungen sind durchaus beachtlich und zahlreiche Konzepte liegen hierzu vor. Es darf jedoch bezweifelt werden ob sie mit der bisherigen Strategie auch diejenigen zum Umstieg auf den ÖV, das Fahrrad oder zum Gehen bewegen, die das eigene, ohnehin schon bezahlte Auto vor der Tür oder unter dem Haus haben.

Neben Taktverkehren und einem besseren Angebot in der Fläche gehört zu den wichtigen Aufgaben die bessere Vernetzung des ÖV mit anderen Verkehrsträgern.

Stärkere Vernetzung aller Verkehrsarten

Im digitalen Bereich hat die Zukunft bereits begonnen. Es fällt auf, dass die Entwicklung einer multimodalen Mobilitätsplattform auch hier bisher weitgehend der Autoindustrie überlassen wird. Mit der Mobilitäts-App moovel kann man in Stuttgart bereits Carsharing-, Taxi-, Deutsche Bahn- und erstmals ÖPNV- Fahrten suchen, buchen und bezahlen.

Ähnliche Apps werden bereits auch für den Transport von Gütern entwickelt. Allerdings fehlt es hier noch an der Vielfalt insbesondere umweltfreundlicher Transportarten.

Die Herausforderungen liegen ohnehin bei einer besseren Vernetzung der „Hardware“, wie z.B. der einfachen Fahrradmitnahme in allen Verkehrsmitteln oder dem Einrichten von Ladehöfen und Paketstationen.

Fehlende Radmitnahmemöglichkeiten in den Stadtbahnen war auch ein Hinweis der Prüfkommission „Fahrradfreundliche Stadt“ bei der Auszeichnung der Stadt Freiburg zur Fahrradfreundlichen Stadt 2011.

Mehr „Frei“-Handel = mehr Frachtverkehr = mehr CO2-Emissionen = mehr Klimakatastrophen

Die negativen Klima-Folgen des „Frei“-Handels“. Die OECD, eine Institution der westlichen Industriestaaten, die die „freie“ Marktwirtschaft weltweit propagiert stellt in Ihrem Bericht ITF Transport Outlook 2015 fest:

„Over the period 2010-2050, international trade related C02 émissions will grow by a factor of 3.9.

Damit werde die Fracht den Passagierverkehr als Hauptquelle von CO2-Emissionen aus landbasiertem Verkehr ablösen, so die OECD.

Erde – wir haben ein Problem!

Für Viele geht ohne eigenes Auto gefühlt nichts. Umfragen zu Folge gehören 36 Prozent aller Personen zur Gruppe der sogenannten „MIV-Stammnutzer“, bei denen ein – zumindest gelegentlicher – Wechsel auf den Öffentlichen Verkehr „kaum zu erwarten“ ist. Wenn die Autolobby vor allem Autobesitzer fragt, sagen sogar mehr als 90 Prozent, so der neuste DAT-Report, der Befragten, es sei notwendig, ein Auto zu besitzen.

Statt sparsamen 3-Liter-Autos haben immer höher motorisierte Kraftfahrzeuge Hochkonjunktur. Während 1995 die durchschnittlich PS-Zahl der verkauften Autos bei 95 PS lag, liegt sie heute bei mehr als 140 PS. Dabei wirbt und verdient die deutsche Automobilindustrie vor allem an den Extras. Mit den Komfortausstattungen, wie der Klimaanlage, beheizbaren Sitzen oder einer höheren bequemen Sitzposition steigen auch Platzbedarf, Gewicht und Luftwiderstand der Autos.

In der Jahresbilanz 2019 des Kraftfahrt Bundesamt (KBA) stehen insgesamt 3,61 Mio. Neuwagen, das sind 5,0 % mehr als 2018. Ganz stark wuchs der Anteil der gewerblich zugelassenen Pkw um 8,1 % auf 65,5 %. Das heißt, von den 3,6 Mio. Pkw waren 2,36 Mio. geschäftlich zugelassen worden.

Dienstwagenfahrer zahlen für ihre Privatfahrten nur eine niedrige Pauschale, egal wie stark sie den Dienstwagen privat nutzen. Denn versteuern müssen sie nur pauschal ein Prozent des inländischen Bruttolistenpreises des Neuwagens als geldwerten Vorteil. Dem Staat entgehen dadurch jedes Jahr Steuereinnahmen von mehr als 4,5 Milliarden Euro.

Die Kfz-Branche gibt jedes Jahr mehr als 2,3 Milliarden Euro für Werbung aus. Zum Vergleich: der Deutsche Bahn Konzern gibt demgegenüber 169 Millionen € für Werbung aus.

Mit mehr als 750.000 Beschäftigten arbeiten in der Automobilindustrie weniger als z.B. in Holz und Waldwirtschaft (1,1 Mio. Beschäftigte).

Trotzdem scheinen Macht und Einfluss der Autofahrer und der Autokonzerne um ein vielfaches größer als der Einfluss der Holz- und Fortswirtschaft.

Unter diesen Bedingungen ist sowohl die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs (MIV) als auch die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene leichter gesagt als getan.

Aber eines ist klar: Rund 60 Millionen KfZ (47 Millionen PKW) in Deutschland sind unabhängig davon, wie sie betrieben werden, langfristig nicht mit den Zielen einer enkeltauglichen Zukunft vereinbar.

Verkehrskonzerne werden ihre Strategien erst ändern und Alternativen zum heutigen Auto und LKW entwickeln, wenn sie von den Bürgern dazu gezwungen werden.

Ein Einfluss der Politik ist ohnehin kaum mehr wahrnehmbar.

Wieviele LKW-Fahrten lassen sich einsparen, wenn z.B. …
– nur noch halb so viele Autos und LKWs produziert werden müssen,
– die Lebensmittel zunehmend aus der Region kommen
– man Konsumprodukte teilt und repariert statt neu zu kaufen.

Wieviel Abgase lassen sich einsparen, wenn wir z.B….
– mit dem Fahrrad oder zu Fuß einkaufen,
– die Fahrradwege ausbauen,
– den öffentlichen Nahverkehr stärker ausbauen und nutzen.

Diese und viele andere Fragen sind im Vorfeld der Entscheidung des Freiburger Gemeinderates nicht nur nicht beantwortet, sondern auch nicht gestellt worden.

Im Folgenden die Zusammenstellung einiger Sofortmaßnahmen, die ganz unabhängig davon, ob der Stadttunnel gebaut wird oder nicht umgesetzt werden können.

Sofortmaßnahmen

  • Maut für die gesamte B31 von der A5 bis nach Donaueschingen, damit vermehrt LKW-Verkehr auf den Autobahnen bleibt.
  • Kein 6-spuriger Ausbau der Autobahn A5
  • Kein weiterer Ausbau der Auto-Infrastruktur, dafür Ausweitung des ÖPNV-Angebotes
  • Einführung von Tempo 30 ganztags in ganz Freiburg incl. der B31 im Stadtgebiet und bei Falkensteig
  • •Einbeziehung der B 31 in die ‚Umweltzone‘ bei gleichzeitiger Unterbindung des Ausweichverkehrs durch das Glottertal bzw. über andere ‚Schleichwege‘
  • •Querschnittsreduktion der innerstädtischen B 31 auf durchgehend eine Fahrspur je Richtung bei Umwidmung der jeweils zweiten (genügend breiten) Spur für den Fahrrad- und (Fern-) Busverkehr
  • •Trennung der Fahrstreifen durch Grünstreifen, Umbau der Parkstreifen für Aufenthalts- und Bewegungszonen für FußgängerInnen
  • •Begrenzung des überörtlichen Transitverkehrs durch Pförtnerampeln an den östlichen und westlichen Stadteinfahrten, evtl. beschränkt auf LKW
  • Reduzierung des motorisierten Lieferverkehrs z.B. durch Einrichtung von anbieterübergreifenden Paketstationen überall in der Stadt und den Ausbau von (Elektro-)Fahrrad-Lieferdiensten
  • •Zügiger Bau des 3. und 4. Gleises (Oberrhein)
  • Vorrang von Fuß-, Fahrrad- und ÖPN-Verkehr
  • Ausweisung weiterer verkehrsberuhigter bzw. Tempo 20km/h-Bereiche in sensiblen Wohngebieten.
  • Grüne Welle für mittelschnelle RadfahrerInnen
  • Umwidmung von Autofahrstreifen zu Fahrrad- und Busfahrstreifen bei 4-spurigen Straßen
  • Fahrradmitnahme in den Stadtbahnen außerhalb der Stoßzeiten

Fußverkehr, Ruhender Verkehr, Quartiersentwicklung

Die Hälfte aller Autofahrten sind kürzer als 6 km. Deshalb gilt es in den Quartieren Strukturen zu schaffen, die das Umsteigen vom Auto auf Fuß- und Fahrradverkehr deutlich erleichtern.

  • •Einrichtung von ausreichend großen Fußgängerzonen in den Quartieren zur ungehinderten fußläufigen Erreichung von Geschäften, Praxen, Schulen, Kitas etc.
  • •Keine Bindung mehr eines Stellplatzes an den Bau einer Wohnung
  • Rasch schaltende Bedarfsampeln für FußgängerInnen, wo für diese Bedarf besteht
  • •Unterbindung von Schleichwegen durch Wohngebiete für PKW
  • •Einrichtung von sicheren und teilweise überdachten Fahrradabstellplätzen auf bisherigen Kfz-Stellflächen in Bestand-Wohngebieten nach Bedarf der RadlerInnen
  • •Ausreichend überdachte Fahrradstellplätze an allen städtischen Gebäuden
  • •Rasche Einrichtung von reservierten CarSharing-Parkplätzen in der ganzen Stadt
  • •Flächendeckende Parkraumbewirtschaftung im Stadtgebiet, Erhöhung der Parkpreise im gleichen Maße und Rhythmus wie die ÖPNV-Tarife
  • •Schrittweise Anhebung der Anwohnerparkgebühren auf das Niveau privat vermieteter Stellplätze
  • •Förderung des autofreien Wohnens durch Herabsetzung des Stellplatzschlüssels, besonders auch um Wohnungen für Menschen mit geringeren Einkommen bezahlbar zu halten
  • Neubau von Quartiersgaragen (bei Ausweisung von Behindertenparkplätzen, Kurzeitparkflächen für Pflegedienste, Lieferfahrzeuge etc.
  • Umwidmung bestehender Parkhäuser zu Quartiersgaragen
  • •Reduzierung der PKW-Stellplätze im öffentlichen Raum um 5-10% pro Jahr

Freizeit- und Einkaufsverkehr

  • Ausweitung der Mitnahmeregelung bei der RegioKarte auf das gesamte Wochenende und abends ab 19 Uhr
  • •Verpflichtende Kombitickets für alle Veranstaltungen
  • •Sperrung von vorwiegend dem Freizeitverkehr dienenden Straßen für den Autoverkehr (außer für Menschen mit Behinderungen), Einrichtung von Kleinbus-Verkehren und E-Bike- Stationen für die Erreichbarkeit betroffener Freizeitziele
  • •Bessere ÖPNV-Anbindung von Freizeit- und Einkaufseinrichtungen
  • •Ausweitung der Kombination von ÖPNV und Radverkehr durch Ermöglichung der Fahrrad- Mitnahme in den Stadtbahnen außerhalb der Stoßzeiten
  • •Fahrradmitnahme im RVF
  • •Verbot von kostenlosen Kundenparkplätzen
  • •Reduzierung von Parkplätzen in Ausflugsgebieten (z.B. Opfinger See) auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und Bewegungsbeeinträchtigung
  • •Einsatz der Stadt Freiburg gegen das geplante Feldberg-Parkhaus und seine Finanzierung über den Skipass (auch durch die ÖPNV-BenutzerInnen)

Sofortmaßnahmen verändert aus: Verkehrsclub Deutschland (VCD) Regionalverband Südlicher Oberrhein e.V.: Verkehrswende für Freiburg und die Region!, Freiburg Mai 2014