Und was geschieht anderswo?

Eggert Blum* schaut auf Autobahnen und Stadttunnel in anderen Städten April 2021

Freiburg ist die einzige deutsche Stadt in der Größenordnung 100.000 – 350.000 EW, die noch einen größeren Stadttunnel plant. Und die einzige Großstadt, die sich freiwillig eine neue Autobahn durch die Stadtmitte bauen lässt. Der Tunnel wird vom Bund bezahlt, weil er als Autobahntunnel der Beschleunigung des Fernverkehrs dient. Und Freiburg hofft, den städtebaulichen Nutzen als Nebenprodukt quasi geschenkt zu bekommen.

Vergleichbare Tunnelprojekte scheiterten daran, dass es nicht gelang, die gigantischen Kosten auf Bund und Land abzuwälzen.

  • Saarbrücken hat sein Vorhaben, die Autobahn am Saarufer in einen Tunnel zu verlegen, um dadurch auf einem kurzen Stück eine verkehrsberuhigte „Stadtmitte am Fluss“
Saarbrückens Vision vom 428 Mio. teuren Stück „Stadt am Fluss“. Foto: Landeshauptstadt

zu schaffen, 2013 aufgegeben. Als die Kostenschätzung bei 428 Mio. angelangt war, fällte der Landesrechnungshof ein vernichtendes Urteil über die Kosten-Nutzen-Rechnung. Der Bund wollte sich an den Kosten nicht beteiligen, weil das Projekt nur der Stadt, nicht aber dem Transitverkehr genützt hätte. Die Landesregierung zog sich aus der Finanzierung zurück, weil der Tunnel zu viel Geld Projekten der Verkehrsberuhigung im Saarbrücker Umland geschluckt hätte.

  • Heidelbergs Vision von einem Straßentunnel am Neckarufer starb 2011.
Heidelbergs teurer Traum von der Stadt am Fluss. Grafik: Stadt Heidelberg

Damals kippte die knappe Pro-Tunnel-Mehrheit im Gemeinderat, und der neue grüne Verkehrsminister Winfried Hermann war, anders als zuvor die schwarz-gelbe Landesregierung, nicht bereit, die Hälfte der auf 180 Mio. geschätzten Baukosten zu übernehmen. In den Folgejahren haben dann Stadtgemeinschaft und Architektenkammer zusammen kostengünstige und bürgernahe Lösungen entwickelt, um die Stadt auch ohne Tunnel näher an den Fluss zu bringen.

Während eine Mehrheit des Freiburger Gemeinderats immer noch am Autobahntunnel festhält, ist weltweit die Trendumkehr hin zu einer Verkehrswende längst in vollem Gang. Und von San Francisco bis Mannheim, von Paris über Berlin bis Wien und Mailand werden nicht nur Planungen für weitere Tunnel und Schnellstraßen gestoppt, sondern der Beton der autogerechten Stadt wieder zurückgebaut und umgewidmet. Immer mit der Zielsetzung: Nehmt dem Auto Platz weg, erschwert den Autoverkehr, und gebt Fußgängern, Fahrrädern und ÖPNV mehr Raum. Hier nur einige Beispiele von vielen:

  • Zürich hat das Vorhaben einer Stadtautobahn durch die Innenstadt ad acta gelegt. Der dafür schon angelegte, aber nie in Betrieb genommene Autotunnel unter dem Hauptbahnhof wird für 23 Mio. Euro zum Fahrradtunnel umgebaut.
  • Seoul hat seine mitten durchs Zentrum über einem Fluss verlaufende Stadtautobahnin einen Wasserpark umgewandelt. Die Verkehrsmenge der Schnellstraße wurde durch öffentliche Busse ersetzt, um so den PKW-Anteil an der innerstädtischen Mobilität von 27,5% auf 12 % zu reduzieren.
  • Utrecht, die Fahrradstadt (der zentrale, 8m breite Radweg wird täglich von 30.000 Radlern genutzt),legt einen 900 Jahre alten Ringkanal um die Innenstadt wieder frei und reißt dafür die Stadtautobahn ab.
©Utrecht PR
©Utrecht PR

* Eggert Blum, Jg. 1950, Rundfunkjournalist (SWR 2) i.R., Radfahrer, Kleingärtner, Bremer, der seit 1998 vor allem in Freiburg, aber auch in Mailand lebt, daher die Freiburger Lebensqualität zu schätzen weiß und nicht möchte, dass sie durch stures Festhalten an einer überholten Verkehrsplanung beschädigt wird.