Initiative „autoärmeres Freiburg“ diskutiert mit zum Stadtteil Dietenbach

Im Rahmen der dritten Veranstaltung zum geplanten neuen Stadtteil Dietenbach in Freiburg am Donnerstag, den 18. Februar 2016 von 18 bis 22:00 Uhr im Bürgerhaus Zähringen schlägt die Initiative „autoärmeres Freiburg“ einen Umbau der Verkehrsinfrastruktur insbesondere für den ruhenden Verkehr in der Stadt Freiburg vor.

Während laut Umweltbundesamt die Treibhausgas-Emissionen insgesamt abnehmen, steigen sie im Verkehrsbereich allein 2014 gegenüber 2013 um 3%.

Wenn die Energiewende Wirklichkeit werden soll, muss auch der Motorisierte Individual Verkehr (MIV) deutlich reduziert werden, und das sehr schnell und unabhängig davon, welche Art des Antriebs Autos der Zukunft nutzen.

Schon bei der Wahl des Wohnstandortes spielen Art und Umfang der Mobilitätsangebote vor Ort eine entscheidende Rolle. Zu Hause beginnen oder enden die meisten Alltagswege. Zu Hause werden jeden Tag aufs Neue Entscheidungen über die Wahl des geeigneten Verkehrsmittels getroffen. Gute Gründe, dem Thema „Wohnen + Mobilität“ und damit dem Ruhenden Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Zentrales Problem dabei ist die PKW-Stellplatzverpflichtung pro Wohneinheit nach der Landesbauordnung. Sie gibt es seit der Reichsgaragenverordnung vom 17. Februar 1939 (Reichsgesetzblatt I S. 219). In der Präambel dieser Verordnung heißt es „Die Förderung der Motorisierung ist das vom Führer und Reichskanzler gewiesene Ziel.“

Dieses Ziel ist seit langem nicht nur erreicht, sondern übererfüllt. Die entsprechende Stellplatzverpflichtung ist nicht mehr zeitgemäß. Die wissenschaftliche Literatur belegt seit Jahrzehnten, dass die Zuordnung von Stellplätzen zur Wohnung weder ökologisch noch sozial zu vertreten ist. Das Verursacherprinzip ist mit dieser Zuordnung außer Kraft gesetzt. Die Städte mit den wenigsten KFZ/1000 Einwohner sind genau diejenigen, die wie Berlin und Basel die Stellplatzverpflichtung pro Wohneinheit nicht haben (z.B. 289 private Fahrzeuge pro 1000 Einwohner in Berlin).

PKW-Stellplätze und damit das eigene Auto, werden bisher von denjenigen mitfinanziert, die entweder kein eigenes Auto haben wollen oder sich ein solches nicht leisten können. Der Stellplatz vor oder unter der eigenen Wohnung macht Menschen zu Autofahrern. Ca. 30 – 50% der Haushalte in städtischen Wohngebieten besitzen kein eigenes Auto, müssen jedoch entweder über Wohnungsmieten oder beim Kauf einer Wohnung die grundstückseigene Infrastruktur zum Parken von Autos (Tiefgarage oder offene Stellplätze) mitfinanzieren!

So gestehen wir Autos in Tiefgaragen oft mehr Raum zu als Kinderzimmern.

Insbesondere Wohnungsbaugesellschaften, die wie z.B. die Freiburger Stadtbau (FSB) auch für den sozialen Wohnungsbau zuständig sind, rechnen folgendes vor: Die generelle Parkplatzpflicht bedeutet bei einer dichten Bebauung immer: Tiefgaragen bauen. Dass sich Leute, die in Sozialwohnungen leben, oft kein Auto leisten können und auch keins brauchen, wenn die Anbindung an Bus und Bahn gut ist, zählt nicht, so Klausmann, Geschäftsführer der FSB. „Wir erleben täglich, dass teuer erstellte Tiefgaragen größtenteils leer stehen“. Die FSB hat in drei Jahren für den Stellplatznachweis von 328 geförderten Mietwohnungen 7,5 Millionen Euro ausgegeben; wären nur halb so viele Plätze Pflicht, könnte sie 34 Zweizimmerwohnungen à 60 Quadratmeter mehr bauen (Badische Zeitung vom 5.Juni 2012).

Die Freiburger Politik diskutiert bisher lediglich einen reduzierten Stellplatzschlüssels (z.B. 0,6 statt 1) für Sozialwohnungen in entsprechenden Stellplatzsatzungen zu verankern. Dies kann allenfalls ein erster Schritt zu einer sozial und ökologisch verträglichen Parkraumbewirtschaftung im urbanen Raum sein.

Die Initiative „autoärmeres Freiburg“ fordert daher:

  1. Die Aufhebung der Bindung von Stellplätzen an den Wohnraum.
  2. Keine privaten Stellplätze auf dem eigenen Grundstück oder in unmittelbarer Nähe der Wohnung (Stellplätze für Menschen mit Handycap sind auszunehmen).
  3. Die Verpflichtung von Haltern von privaten Fahrzeugen zur Anmietung eines Stellplatzes in der nächst gelegenen Parkgarage zur Wohnung.
  4. Die Nachweispficht eines Stellplatzes für gewerblich genutzte Fahrzeuge.
  5. Die gemeinsame Bewirtschaftung von privaten und öffentlichen Stellplätzen in entsprechenden Quartiersgaragen.