GAUCHACHTALBRÜCKE – Ein Fossil jetzt neu bauen? – Leserbrief von Otto Zimmermann

Zum Beitrag „Ende des Jahres beginnen die Bauarbeiten an der B31“ von Martin Wunderle, BZ vom 8. März 2022

Die vom Bundeskanzler beschworene Zeitenwende hat hohe Bedeutung auch für Infrastrukturprojekte wie die zweite Gauchachtalbrücke bei Döggingen, eine Planung der vergangenen Jahrzehnte.
Ist das Projekt tatsächlich nötig? – Nein. Wer häufig auf der B31 zwischen Freiburg und Donaueschingen unterwegs ist, wird bei Freiburg, bei Falkensteig oder auf den Höllental-Serpentinen öfter mal einen Stau erlebt haben, aber nur seltenst auf der bestehenden Gauchachtalbrücke, vor den Dögginger Tunneln. Die Leistungsfähigkeit der B31 auf diesem Abschnitt zu erhöhen, ist schlicht unnötig.
Sind die veranschlagten 57,5 Millionen Euro Bundesmittel gut angelegt? – Nein. Schon heute, umso mehr in der Zukunft müssen wir Geld in die Klimafolgenanpassung, in die Unterhaltung bestehender Infrastruktur, in den Ausbau leistungsfähiger Bahnverbindungen mit Güter- und LKW-Huckepackverkehr, in die Verteidigung, … und in die Abzahlung der derzeit eingegangenen massiven Neuverschuldung stecken. Es ist unverantwortlich, zusätzliche unterhaltungsintensive Infrastrukturprojekte wie Brücken oder Tunnels zu bauen. Es mutet zynisch an, der um ihre Lebensbedingungen besorgten jungen Generation weitere Bauwerke mit hohen Folgekosten aufzubürden. Mit einem Fossil gestaltet man nicht die Zukunft.
Ist der Material- und Energieeinsatz für die Betonbrücke zu rechtfertigen? – Nein. Sand und Kies sind knappe Güter geworden und sollten wichtigeren Bauvorhaben vorbehalten bleiben. Die Betonherstellung ist energieintensiv und erzeugt enorme CO2-Emissionen. Diese Ressourcenvergeudung für eine unnötige Brücke ist unverantwortlich.
Erfordert die Verkehrssicherheit den Bau der zweiten Brücke? – Nein. Abgesehen von relativ wenigen und leichten Auffahrunfällen an der Verschwenkung der Fahrbahn vor der südlichen Tunnelröhre haben sich die örtliche Tempoherabsetzung und die Warnblinkleuchten als recht kostengünstige Mittel zur Unfallvermeidung erwiesen.
Als ich im Jahre 1972 als junger Planer im Donaueschinger Planungsbüro Rothweiler die Idee einer Tunnelführung der B31 unter Döggingen hindurch entwickelt und diese dem Dögginger Ortschaftsrat erstmals vorstellte, hatte ich eine zweispurige Ortsunterfahrung und Brücke im Sinn.
Die Straßenbauverwaltung sprach jedoch bereits von einer BAB Freiburg-Donaueschingen. Schon der Bau von zwei doppelspurigen Tunnelröhren war eine Geldverschwendung und kommt in der Unterhaltung teuer zu stehen.
Gibt es einen verbleibenden Grund für den Bau der zweiten Brücke? – Ja. Infrastrukturästhetik ruft nach einer vierspurigen Zuführung zur südlichen Tunnelröhre statt der heutigen einspurigen Fahrbahnverschwenkung. Dies ist aber ein dürftiges Argument dafür, 80-100 Millionen Euro auszugeben. So viel werden es ja mindestens werden, denn wer glaubt noch an heutige Baukostenangaben? Dem Landesparlament, dem Landesverkehrsminister, dem Bundestag und dem Bundesverkehrsminister möchte ich zurufen: Lasst es doch einfach, dieses unnötige Bauwerk. Zieht die Reißleine. Nutzt das eingesparte Geld für die Klima- und Verkehrswende.

Otto-Zimmermann, Freiburg