Leserbrief von Kurt Höllwarth – Was Freiburg von Lüdenscheid lernen könnte

Zum Beitrag von Dorothee Torebko in der Badischen Zeitung vom 8.2.2022, Seite 2

„Nicht gebaut für so schwere Lkw“, seien die deutschen Straßen, stellt die Badische Zeitung in ihrer Ausgabe vom 8. Februar in Zusammenhang mit der geplanten Sprengung der Autobahn-Talbrücke Rahmede nördlich von Lüdenscheid an der A45 fest. Sie wurde 1968 eröffnet und war bei erwarteten täglich 25.000 Fahrzeugen auf eine Haltbarkeit von 80 Jahren kalkuliert.  Daraus wurde nichts. Tatsächlich haben nämlich 2019 über 68.000 Kraftfahrzeuge davon 12.573 LKW des schweren Güterverkehrs die Brücke genutzt. Gleichzeitig wurde das zulässige LKW-Gesamtgewicht von 32 auf 40 Tonnen erhöht und die zulässige Achslast von 10 auf 11,5 Tonnen. Jetzt ist die Brücke hin. Sie ist seit 2. Dezember 2021 gesperrt und muss gesprengt werden. Der Neubau wird Jahre dauern und wird (Stand 2014) 43,5 Mio. € verschlingen. Bis dahin wälzt sich die fette, schwere Blech Karawane durch Lüdenscheid. Seit der Sperrung donnern zusätzlich 20.000 Fahrzeuge durch Lüdenscheids Innenstadt, beklagt laut BZ der Lüdenscheider Bürgermeister. Was regt der Mann sich so auf? Aus Freiburger Sicht ist das reinste Kleinstadtidylle! Wir schaffen es an der B31 täglich locker auf 35.217 Fahrzeuge (2019 alleine im Kappler Tunnel). Insgesamt, mit der Schwarzwaldstraße, dürften es eher 50.000 sein. Der Straßen-Verschleiß eines 40 Tonners entspreche dem von 60.000 PKW, schrieb die BZ. Manche Ingenieure sind vorsichtiger und rechnen nach dem sogenannten Vierte-Potenz-Gesetz (der Straßen-Verschleiß steigt mit der vierten Potenz der Achslast) „nur“ mit dem rund 40.000-fachen. Ein Gedankenexperiment: ließe man die durchschnittlich 1.829 Sattelzüge, die das Dreisamufer täglich passieren (Durchschnitt Januar bis November 2021, Kappler Tunnel), nach diesem einen Tag so lange warten bis die PKW die B31 genauso beschädigt haben, dann dürfte der nächste Sattelzug erst nach rund 7 Jahren und 9 Monaten wieder durch! Das wäre ja für Freiburg schon immerhin mal ein Anfang, endlich Ruhe bis 2029! Auch die, die glauben, dass der Stadt-Tunnel noch kommt, rechnen ja nicht ernsthaft vor 2045. Bis dahin könnte man sich bei dem Bürgermeister von Lüdenscheid, Herrn Wagemeyer, echt ein Beispiel nehmen. Er arbeitet an Vorschlägen wie der Lkw-Verkehr minimiert werden kann. Total verrückte Idee! Unsere hiesigen Politiker arbeiten sich eher an Argumenten ab, warum man, „leider“, Lkw-Verkehr nicht reduzieren könne, also quasi alles Kismet oder neudeutsch „alternativlos“. Alleine der Unterhalt der Bundesstraßen im Stadtgebiet Freiburg belastet das Stadtsäckel mit knapp 780.000 € pro Jahr (Ergebnis 2018-2020). Die Einnahmen aus Kurs- und Leihgebühren der Volkshochschule bzw. der Stadtbibliothek liegen im Jahresdurchschnitt zusammen bei knapp 530.000 €. Müsste Freiburg für den Bauunterhalt der Bundesstraßen nicht ständig drauflegen, könnte man die Nutzung dieser Bildungseinrichtungen völlig umsonst anbieten. Also, Herr Oberbürgermeister Horn, Frau Regierungspräsidentin Schäfer, Herr Verkehrsminister Hermann: von Lüdenscheid lernen, heißt sparen lernen! Wann kommen endlich ihre Vorschläge zur Reduktion des Schwerverkehrs an der B31? Lange warten wir nicht mehr. (Kurt Höllwarth, Freiburg)